"Corona war ein Turbo für die Problemstellungen, die schon eine ganze Zeit lang existieren"
Wiesloch. „Die Stimmung gegenüber der Polizei wird aggressiver“ – dies berichtete Wieslochs Polizeichef Peter Albrecht über seinen Zuständigkeitsbereich der Landtagsabgeordneten Christiane Staab (CDU), die auf den regelmäßigen Austausch mit den Ordnungshütern Wert legt und aktuell auf dem Wieslocher Polizeirevier präsent war.
Gemeinsam mit zahlreichen Mitgliedern seiner Führungsmannschaft beklagte Albrecht den abnehmenden Respekt von Teilen der Gesellschaft auch gegenüber seiner Kolleginnen und Kollegen, die bei Einsätzen in zunehmender Weise auch in Gewaltbereitschaft und Angriffen ihnen gegenüber münde.
Gewaltmonopol des Staates wird infrage gestellt
„Auch das Internet und die Sozialen Medien spielen hier eine wichtige Rolle. Viele Polizeieinsätze von uns werden mittlerweile gefilmt und umgehend ins Netz gestellt. In Erinnerung geblieben ist mir hierbei eine tumultartige Auseinandersetzung unter mehreren Jugendlichen in der Hauptstraße Wieslochs vergangenen September. Erste Sequenzen des polizeilichen Einschreitens waren bereits online zu sehen, als die ersten Streifenwagen von insgesamt elf am Ort des Geschehens eintrafen. Meist ist dann nur zu sehen, dass Polizeibeamte unmittelbaren Zwang ausüben, da sie das Recht durchsetzen und beispielsweise einen Täter festnehmen müssen. Dafür gibt es klare gesetzliche Grundlagen. Dass einem solchen notwendigen Handeln eine Straftat vorausging, das wird bewusst weggelassen, das ist natürlich in den Videoclips nicht zu sehen. Und dass unsere Beamtinnen und Beamte selbstverständlich auch ihre Eigensicherung im Blick haben müssen, das spielt natürlich auch keine Rolle“, so Albrecht.
In allen Situationen gehe die Polizei professionell, deeskalierend und empathisch vor. Nicht nur bei demonstrativen Aktionen oder Kundgebungen wie die allmontäglichen Versammlungen in Walldorf werde das bei manchen Beteiligten, aber auch bei Gegendemonstranten, indes als Schwäche ausgelegt. Albrecht: „Das Gewaltmonopol des Staates wird dabei offen infrage gestellt und das Vertrauen in uns auch unterhöhlt. Das darf aber nicht zur Handlungsunfähigkeit der Polizei führen. Viele unserer Einsätze werden gerichtlich überprüft. Noch nie musste ich vor Gericht so oft aussagen wie aktuell. Das ist aber kein Problem, denn uns kann jeder über die Schulter schauen. Wir legen in nachvollziehbarer Weise und offen unsere Entscheidungsgründe dar.“
Die vielfältigen Aufgabenübernahmen während der Corona-Pandemie, wie beispielsweise das Kontrollieren des Tragens des Mund- und Nasenschutzes, verliefen nicht immer konfliktfrei. Im Gegenteil: „Sowohl die Erfahrungen meiner Kolleginnen und Kollegen von den Dienstgruppen als auch meine Feststellungen bestärken mich darin, dass Corona nur ein Turbo für die Problemstellungen darstellte, die schon eine ganze Zeit lang existieren“, konstatiert der Wieslocher Polizeichef.
Konsequenzen folgen eher selten auf dem Fuße
„Meine Jugendsachbearbeiter berichten mir regelmäßig, dass es aus erzieherischen Gründen, gerade bei Verfahren gegen Jugendliche, wünschenswert wäre, das sogenannte ‚beschleunigte Verfahren‘ häufiger anzuwenden“, informierte Albrecht weiter. Gemäß der Strafprozessordnung könne in diesem besonderen Strafverfahren, insbesondere bei einfachen Delikten Jugendlicher, bei welchen die Beweislage klar ist, schnell verhandelt werden. Dass die Konsequenzen sprichwörtlich auf dem Fuße folgen, komme aus personellen Gründen leider viel zu selten zur Anwendung. Eine Forderung, die Staab unterstützt, und dabei auch deutlich macht, dass hierfür mehr Personal notwendig sei.
Hochpotenter Cannabis: Psychoserisiken sind enorm gestiegen
Weitere Themen, die seitens Staab unter anderem angesprochen wurden, waren, auch mit Blick auf die kürzlich in Mannheim stattgefundene Pro-Palästina-Demonstration, der zunehmende Antisemitismus, aber auch die Einstellungsoffensive bei der Polizei sowie der grün-schwarze Koalitionsvertrag.
Mit Sorge blickt Albrecht auf das Vertragswerk, in dem die Anhebung der Höchstgrenze der geringen Menge von Cannabisbesitz von sechs auf zehn Gramm beschrieben wird. „Der mittlerweile hohe Wirkstoffgehalt kann heutzutage bereits nach wenigem Cannabiskonsum psychische Erkrankungen auslösen“ berichteten die Polizeibeamten von Begegnungen mit Betroffenen in ihrem Berufsalltag. „Auch unsere Drogenpräventionsveranstaltungen an Schulen, die bereits in den 5. Klassen durchgeführt werden, sehen wir durch die Anhebung gefährdet“, warnt Albrecht. Christiane Staab MdL warnt ebenfalls davor, den Konsum von Cannabis zu verharmlosen und will die Drogenpräventionsmaßnahmen forcieren: „Wir müssen aufzeigen, wie gefährlich der angeblich so harmlose Konsum von Cannabis ist.“
Abschließend forderte die CDU-Politikerin mehr Respekt vor der Arbeit der Polizei: „Die Polizeibeamtinnen und – beamten sind für unsere Sicherheit da, jeden Tag und jede Nacht. Unsere Polizei hat unser Vertrauen verdient. Wir stehen an der Seite unserer Polizei.“ (Text/Fotos: Matthias Busse)