„Das Pflichtjahr bietet riesige Chancen“
Auf dem CDU-Bundesparteitag in Hannover interviewte Daniel Bräuer in die Landtagsabgeordnete Christiane Staab. Folgend finden interessierte Leserinnen und Leser das Interview.
Hannover. 2021 ist die bisherige Walldorfer Bürgermeisterin Christiane Staab (CDU; Foto: Pfeifer) in den Landtag gewechselt. Auf dem Parteitag in Hannover sprach sie sich für die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht aus – mit Erfolg.
Frau Staab, wie wichtig ist der Beschluss für das verpflichtende Dienstjahr? Zunächst mal ist es toll, dass wir diese Debatte geführt haben. Ich glaube, dass wir einen ganz wichtigen großen Schritt gehen, jungen Menschen aus allen Bevölkerungsschichten die Möglichkeit zu geben, etwas der Gesellschaft zurückzugeben. Ich sehe da riesige Chancen für den Zusammenhalt. Das Ehrenamt ist der Kitt der Gesellschaft. Dieses System fährt an die Wand, wenn wir es nicht schaffen, alle zu integrieren.
Aber warum muss es eine Pflicht sein? Der Gegenvorschlag war: Jeder bekommt das Recht auf ein solches Jahr. Es geht darum, die ganze Bevölkerung zusammenzuführen. Es ist eine Pflicht, insofern wird auch jeder und jede angesprochen werden. Es ist ganz wichtig, dass Menschen mit dem Gedanken heranreifen, dass sie sehr viel bekommen, aber dass man auch an der einen oder anderen Stelle etwas zurückgeben muss.
Gerade in der Pandemie haben junge Leute sehr viel aufgebürdet bekommen. Und jetzt die nächste Pflicht? Das ist ein sehr starkes Argument. Aber das ist ein Beschluss für die nächsten zehn, zwanzig, fünfzig Jahre, weit über Corona hinaus. Wir werden es ohnehin nicht schon im nächsten Jahr schaffen, das ins Leben zu rufen. Es geht darum, jetzt nach außen zu argumentieren, dass ein Pflichtjahr für junge Leute in Zukunft der Fall sein soll. Ein Jahr gemeinsam mit anderen für andere zu arbeiten ist genau das, was viele junge Menschen auch brauchen: Dass sie merken: Es gibt nicht nur meine Lebenswelt. Es gibt Menschen, die viel wissen, die wenig wissen, mit Behinderung, ohne Behinderung. Das versuchen wir über dieses Jahr aufzuzeigen. Es geht darum, dass junge Menschen mit Lebensabschnitten und Lebensweisen in Berührung kommen, die in ihrer eigenen noch nie vorgekommen sind. Das prägt.
Es wurde davon gesprochen, das Ehrenamt in Viertel wie Köln-Chorweiler zu bringen. Ist diese Hoffnung auf Integration über Milieugrenzen hinweg womöglich übertrieben? Macht am Ende jeder sein Jahr innerhalb der eigenen Community, im eigenen Viertel? Genau darauf bin ich gespannt. Deswegen ist es wichtig, dass wir das evaluieren: Wie orientieren sich die Jugendlichen? Junge Leute, die informiert werden, denen man aufzeigt, was es alles gibt – vielleicht gehen die zum Nabu oder zum DRK. Die wussten vielleicht gar nicht, dass es das gibt. Und wenn sie im Moscheeverein landen, ist es auch in Ordnung. Ich bin ein riesiger Freund davon, Menschen Chancen aufzuzeigen. Wir haben viele Kinder, die viel zu wenig Chancen im Leben bekommen, weil es in ihrer kleinen „Bubble“ nicht mehr vorkommt. Mit dem verpflichtenden sozialen Jahr können wir riesige Chancen aufzeigen!
Über welchen Zeitraum reden wir, bis es das als Gesetz gibt? Das kann ich Ihnen heute nicht sagen. Das wird Jahre dauern.