„Wir müssen auch im Lebensmittelbereich autarker werden“
Dielheim. Gemeinsam mit seinem Bundestagskollegen Steffen Bilger MdB, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft, und seiner Landtagskollegin Christiane Staab besuchte der Bundestagsabgeordnete Moritz Oppelt (Wahlkreis Rhein-Neckar) den Sommerhof in Dielheim. Im Mittelpunkt des Dialogs mit Landwirtsfamilie Sommer standen die Herausforderungen, die täglich zu bewältigen sind, wie auch die Zukunft der Landwirtschaft in Baden-Württemberg.
Bei einem gemeinsamen Rundgang mit Sohn Andreas Sommer und dessen Frau Melissa Sommer, welche zugleich ein Augenmerk auf den erst acht Wochen alten Nachwuchs hatte, erklärte Familienoberhaupt Manfred Sommer, dass aktuell 1200 Schweine auf dem Hof leben.
Sommer: "Bei unserer Schweinezucht bevorzugen wir Stallhaltung, da man so den Tieren weniger Medikamente verabreichen muss. Der Therapieindex unserer Tiere liegt bei fast allen Tieren bei 0,0. Dieser Wert wird viermal im Jahr bestimmt und zeigt an, wie häufig im Durchschnitt Antibiotika in einem Betrieb zum Einsatz kamen“.
Der massive Einsatz von Antibiotika, der besonders im Ausland betrieben werde, fördere die Entstehung von multiresistenten Keimen. Sommer sagte ferner, dass der niedrige Index neben der Stallhaltung an der guten Hygiene und der guten Zusammenarbeit mit dem Tierarzt liege. Auf einem Freigelände seien die Tiere nicht ausreichend geschützt vor Infektionskrankheiten wie beispielsweise der Afrikanischen Schweinepest. Seit 1961 würden im Familienbetrieb Schweine gezüchtet und man verkaufe Zuchteber europaweit. Besonders in Spanien sei man an den Tieren interessiert.
Andreas Sommer: „Man kann sich gar nicht vorstellen, was dort für Massenproduktionen herrschen, in Spanien boomt die Massentierhaltung. Betriebe mit über 100.000 Tieren sind keine Seltenheit und für jeden Stallplatz der bei uns verloren geht, werden dort zwei neue Plätze errichtet." Zudem würden die Spanier so billig Fleisch produzieren wie kein anderes Land in Europa. Die CDU-Politiker sagten hierzu: „Wenn sich der Verbraucher im Supermarkt dazu entscheidet, billiges Fleisch zu kaufen, dann fördert er diese Betriebe im Ausland. Da können die Schweinezüchter in Deutschland sich an noch so viele Regelungen halten, das ändert an den Produktionszuständen der Billigfleisch-Lieferanten leider gar nichts.“
Viele der hiesigen Erzeuger würden das Handtuch werfen, so Manfred Sommer. Auch seine eigene Familie mache sich Sorgen um die Zukunft. „Wir ersticken auch in Bürokratie“, klagte er.
Die Landwirtschaft werde so immer unattraktiver für den Nachwuchs. Das merke man auch an der rückläufigen Zahl der Schweinehalter in Deutschland: So habe es im Jahr 2012, laut der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands e.V., noch 30.300 schweinehaltende Betriebe gegeben – im Mai 2022 nur noch 17.900, ein Rückgang von über 40 Prozent.
Eine ähnliche Entwicklung sehe man auch im Landkreis Rhein-Neckar, so Manfred Sommer, denn der Selbstversorgungsgrad im Bereich Schweinefleisch sei hier nur bei fünf Prozent, in ganz Baden-Württemberg bei 45 %.
Oppelt dazu: „Aktuell spricht man im Energiebereich viel von Autarkie, aber wir müssen auch im Lebensmittelbereich autarker werden. Wir dürfen uns nicht vom Ausland abhängig machen, indem wir hier die Landwirtschaft durch Auflagen und bürokratische Hürden gängeln, so dass in Deutschland keiner mehr diesen Beruf ergreifen möchte.“
Bilger ergänzte: „Die Landwirtschaft ist zudem ein großer Arbeitgeber und die Landwirte sind hoch ausgebildete Fachkräfte, denen das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft Gehör schenken sollte. Sie machen diese Arbeit zum Teil bereits seit Generationen – mehr Expertise geht nicht!“ Staab erklärte abschließend: „Regional und traditionell – dieses Bild der Landwirtschaft muss den Menschen vermittelt werden. So kann Konsum nachhaltig sein.“ Nachhaltig einkaufen kann man übrigens auch auf dem Sommerhof – Melissa Sommer verkauft in ihrem kleinen Selbstbedienungs-Hof neben Eiern von den eigenen Hühnern u.a. auch Fleisch, Honig, Marmelade und als Erfrischung an den heißen Tagen zur Freude von zahlreichen Wanderern, die vorbeikommen, auch Eis.