"An jedem Arbeitsplatz hängt eine Familie"
Rauenberg. Für Jürgen Menges, den Chef des Rauenberger Ringhotels „Winzerhof“ ist die derzeitige Lage sowohl in Gastronomie als auch in der Hotellerie „katastrophal“. „Wir sind in einer Krisensituation und müssen schauen, dass wir überleben. Ich spreche hier nicht nur für uns, sondern für rund 100 Ringhotels vergleichbarer Größe. Wenn wir abends sieben Gäste im Restaurant haben, dann ist das viel. Unsere Mitarbeiter sind geimpft. Wir haben Luftfilter. Die Räumlichkeiten sind so groß, dass wir weit mehr als die erforderlichen Abstände einhalten können. Wir setzen mehr als das Geforderte um. Wir wissen nicht mehr, was wir noch tun sollen“, sagte Menges zur Landtagsabgeordneten Christiane Staab (CDU) und dem Bundestagsabgeordneten Moritz Oppelt, welche sich aktuell bei Gastronomen über die Auswirkungen der Coronapandemie auf die Branche informieren.
Auch hinsichtlich der zurückliegenden Schließung der Gastronomie hat Menges eine klare Meinung: „Schon das Wort `Hilfe´ in Coronahilfe ist falsch. Wenn es einem verboten wird, seiner Arbeit nachzugehen, dann wäre das Wort Entschädigung´ für mich passender gewesen.“ Es sei nicht hinnehmbar, dass beispielsweise die Novemberhilfe erst im April angekommen sein.“ Menges: „Viele Entscheidungen müssen kurzfristig umgesetzt werden. Jegliche Pläne muss man von heute auf morgen über Bord werfen. Wenn man so wie wir viel verderbliche Waren im Haus hat, dann geht das so nicht.“ Auch die Bürokratie sei ausufernd: „Wie soll ich denn die Frage beantworten, welchen Umsatz wir in den nächsten sechs Monaten haben werden? Das weiß tatsächlich niemand.“
Seine besondere Sorge gelte seinen Mitarbeitern, ohne die es nicht möglich gewesen sei, die bisherigen Herausforderungen zu meistern. „Wir haben ein großartiges Team, auf das wir stolz sind. An jedem Arbeitsplatz hängt auch eine Familie. Aber das Hotel ist aktuell ein Geisterhotel und das Restaurant verwaist, weil die Gäste wegbleiben beziehungsweise mit Blick auf Corona Essen oder Tagungen absagen.“
Von einer 2G-plus-Regelung im Gastronomiebereich wäre Menges nicht begeistert: „Auch das würden wir natürlich umsetzen, aber ich halte das für unrealistisch, der Aufwand für die Gäste, sich extra wegen einem Essen auch noch testen lassen zu müssen, ist zu groß. Wenn 2G plus zudem nur für das Land Baden-Württemberg gelten wird und nicht bundesweit oder zumindest in den benachbarten Bundesländern, dann kommt es darüber hinaus auch noch zu einer Wettbewerbsverzerrung. Und wie soll das mit den Testmöglichkeiten an den Feiertagen funktionieren?“
Das sehen auch die Abgeordneten Staab und Oppelt, welche finanzielle Unterstützung für die betroffenen Branchen fordern, so: „2G plus würde unseres Erachtens die Lage in der Gastronomie noch weiter verschärfen. Zudem ist gerade bei uns im ländlichen Bereich noch keine entsprechende Testinfrastruktur aufgebaut. Ministerpräsident Kretschmann sollte auf die angedachte 2G-plus-Regelung verzichten. Wichtig ist, dass wir beim Impfen zügig vorankommen, denn das ist der Schlüssel, um wieder zu einem normalen Leben zurückkehren zu können.“ (Text/Foto: Matthias Busse)